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Bibliotheken des Tüftelns

“Das ist ein Kurzschluss?” Emsiges Treiben in dem lichtdurchfluteten Makerspace in der Humboldt-Bibliothek Reinickendorf. “Strom ist faul. Er sucht sich Abkürzungen. Wenn er einen kürzeren Weg als durch die LED findet, leuchtet sie nicht.”, erklärt die Mentorin. Die Tische sind voll besetzt. Kinder und Eltern sortieren die Gegenstände, die sie für ihr Tüftelprojekt benötigen: Leuchtdiode, Batterie, Kupferklebeband. Mit der Bastelvorlage können sie Autos oder Häuser aus Papier zum Leuchten bringen. “Mein Auto soll aber überall leuchten!” - “Wenn die Verkabelung stimmt, klappt das sicher!”

Auch eine Superheld*innen-Bastelvorlage kann verkabelt werden.

Ein ganz normaler “Tüftel-Samstag”. So heißt das wöchentlich stattfindende DropIn von TüftelLab und Humboldt-Bibliothek in Reinickendorf. Was zeichnet diese Veranstaltungen aus?

Wir haben kooperierende Bibliotheken gefragt, was für sie Making in ihrer Einrichtung bedeutet, welche Funktion sie mit den Angeboten in ihrem Viertel übernehmen und wie sich außerschulische Bildungseinrichtungen gegenseitig stärken können. Die Koordinatorin für die Making-Angebote im Bezirk Reinickendorf, Doreen Lenz, trafen wir während eines Workshops, Hans-Bodo Pohla von der Stadtbibliothek Köln schickte uns seine Antworten per Mail.

Games spielen mit selbstgebautem Controller und der Leiterplatine Makey Makey

Warum bietet ihr Making Workshops an?

Doreen Lenz: Als wichtiger Bestandteil der Stadtgesellschaft, wollen wir allen die Teilhabe am Kulturgeschehen und an freier Bildung ermöglichen. Die Bibliotheken bieten schon seit mehreren Jahren digitale Medien zum Ausleihen an. Und da ist es natürlich ganz normal, dass wir auch in unseren Veranstaltungsangeboten digitaler werden. Wir werden mehr und mehr ein interaktiver Ort, an dem man sich austauscht und an’s Ausprobieren geht.

Hans-Bodo Pohla: Aktuell sind es Themen wie Chat GPT, die eine starke Nachfrage haben. 2013 wurde eine Idee aus den USA mit dem Makerspace übernommen. Hier stellt die Bibliothek Geräte zur Verfügung, die sich nicht mal eben jede*r kaufen möchte, zum Beispiel einen 3D-Drucker. Sobald die Geräte vor Ort und in Aktion waren, wurde die Nachfrage nach Kurz-Workshops laut, die das Gerät vorstellen oder anderweitig zur Nutzung ertüchtigen. Nach weiteren Workshops und einem Ferienprogramm erwuchs dann erstmals das MINT-Festival, da auch die Stadt Köln ein starkes Interesse daran hatte, die MINT-Fächer zu fördern. Alle Formate waren so erfolgreich, dass es sie bis heute gibt.

Bibliothekarin Doreen Lenz im Makerspace der Humboldt-Bibliothek Reinickendorf

Was hat Tüfteln mit Bibliotheken zu tun?

Hans-Bodo Pohla: Bibliotheken sind Wissensspeicher. Das muss aber nicht bedeuten, dass das Wissen immer nur in gedruckter oder audiovisueller Weise vorliegt, auch Workshops und eben das gemeinsame Tüfteln vereinen Wissensvermittlung mit Community Building.

Doreen Lenz: Tüfteln ist für uns das Synonym für kreatives Schaffen. Wir holen das Tüfteln aus der wissenschaftlichen Nische und bringen es in den öffentlichen Raum, mit einem niederschwelligen Zugang. Tüfteln ist, neben Ausleihen, Treffen und Spielen ein fester Bestandteil in der Bibliothek. Das Tüftel-Angebot ist offen, so dass auch Neulinge oder Neugierige unbefangen kommen und etwas ausprobieren können. Man muss kein Vorwissen mitbringen und wird durchgeleitet. Viele der Formate sind selbstlernend.

Welches Publikum erreicht ihr?

Doreen Lenz: In der Humboldt Bibliothek zählen wir im Schnitt 30 bis 40 Teilnehmende. Es ist spannend zu beobachten, wer sich dann da trifft. Da sind primär natürlich Familien, auch Großeltern mit ihren Enkelkindern dabei. Oder im Märkischen Viertel auch mal Kinder, die ohne Begleitung kommen.

Hans-Bodo Pohla: Bei uns werden die Workshops in ein größeres Programm, explizit das MINT-Festival, eingebettet. Hier beginnt zu einem Stichtag die Buchung durch unser Publikum und sorgt zumeist für reißenden Absatz. Durch eine Tour in allen Stadtteilbibliotheken ermöglichen wir auch Kindern und Jugendlichen in den Stadtteilen Zugang, sodass sie nicht unbedingt auf aktive Eltern angewiesen sind, die sie zu den Veranstaltungsorten bringen.

Kleben, kleben, kleben: Ein Kind bringt Kupferband und Papier in Position.
Die LED im Fenster leuchtet, sobald die Tür geschlossen wird.

Warum sind außerschulische Bildungsangebote so wichtig für das Viertel?

Doreen Lenz: Offene Orte, wo man keinen Eintritt bezahlen muss, wo man sich nicht anmelden muss, wo man sich nicht sonst irgendwie verifizieren oder ausweisen muss oder irgendeinen Bildungsgrad haben muss, die gibt es kaum noch in der offenen Stadtgesellschaft. Unser Angebot richtet sich an jeden Menschen, egal welchen Hintergrund, welches Alters oder welches Interesse er hat. Und das ist eben etwas, was sonst keine andere Bildungseinrichtung erfüllt.

Hans-Bodo Pohla: Außerschulische Angebote sind ganz grundsätzlich wichtig, da sie einen spielerischen Ansatz haben und Freude an zum Beispiel MINT-Fächern erzeugen können, unabhängig von den Gegebenheiten an den Schulen. Für das Viertel versuchen wir Ferien-Workshops touren zu lassen, um alles in der Fläche anbieten zu können.

“Bibliothek der Dinge”: Roboter und Makey Makeys haben es schon längst in die Ausleihe geschafft.

Wie finanziert ihr Workshops mit externen Kooperationspartner*innen?

Hans-Bodo Pohla: Einerseits greifen wir natürlich auf Förderprogramme des Landes oder Bundes zurück, andererseits hatte die Startfinanzierung der Maker Kids damals eine Stiftung übernommen, die uns auf Twitter kontaktiert hatte. Im Jahr 2017 bat uns die Stadt Köln, mehr in den MINT-Bereich einzusteigen. Die finanzielle Förderung, die uns dabei zukam, konnten wir mit der Fülle unseres Angebots und den ersten drei Jahren Festival so beeindruckend gestalten, dass die Stadt nicht mehr darauf verzichten wollte und das MINT-Festival bis heute weiterhin unterstützt.

Doreen Lenz: Wir machen das in zwei Richtungen. Und zwar gibt es ja eigentlich bezirkliche Mittel oder Fördermittel der Senatsverwaltung, die wir nutzen können. Das reicht aber nicht immer in Summe aus, um jetzt zum Beispiel auch neue Formate zu etablieren, weil wir noch viele andere Veranstaltungsformate haben, die wir darüber abdecken. Deswegen gucken wir nach externen Kooperationspartnern. Im Märkischen Viertel haben wir schon lange als sehr starken Kooperationspartner die Gesobau AG. Sie fördert dort gemeinnützige Einrichtungen, auch außerschulische Bildungseinrichtungen, Jugend- und Sportvereine.

Ob DropIn, regelmäßige AG oder Fortbildung – in jeder Bibliothek, Museum oder Freizeiteinrichtung kann mit dem TüftelLab getüftelt werden.

TüftelLab PopUps in außerschulischen Bildungseinrichtungen

Kein Makerspace? Kein Problem.

Auch ohne viel Ausstattung ist Tüfteln möglich. Ein TüftelLab PopUp ist überall realisierbar! Wir bringen je nach Bedarf Materialien mit oder nutzen die Gegebenheiten vor Ort. Über Fortbildungen können wir eure Mitarbeitenden dazu befähigen, in die Welt des Makings einzutauchen und eigene Workshops durchzuführen. Alternativ können wir eigene Mentor*innen stellen, die die pädagogische Arbeit übernehmen. Bei Kooperationen gehen wir ganz individuell auf eure Bedarfe und Wünsche ein. Um in’s Tüfteln zu kommen, braucht es nicht viel Ausstattung, aber gute Ideen: mit unseren mobilen Makerspaces kommen wir in eure Bildungseinrichtung.

Neugierig geworden?
Meldet euch gerne hier: popup@tueftellab.de
Mehr Informationen zu den PopUps findet ihr hier

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